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HWK für Ostthüringen

Vollversammlung übt auch Kritik an Entwurf für Azubi-TicketOstthüringer Handwerk fordert kostenfreie Meisterausbildung

(29.05.2018) Die Sorge des Handwerks um künftige Fachkräfte, fehlende Betriebsnachfolger sowie die Themen Azubi-Ticket, Datenschutz und kostenfreie Meisterfortbildung standen im Fokus der jüngsten Mitgliederversammlung der Handwerkskammer für Ostthüringen.

Klaus Nützel, Präsident der Handwerkskammer, ging zu Beginn seines Berichtes über die Arbeit der Hauptverwaltung auf die Frühjahrsumfrage unter den Ostthüringer Handwerksunternehmen ein. Dabei konnte er eine überaus positive Bilanz ziehen. 91 Prozent der Betriebe schätzen ihre derzeitige Lage als gut oder befriedigend ein. Bestnoten gab es dabei im Bauhauptgewerbe und im Ausbaugewerbe. Zurückzuführen sind diese Ergebnisse auf einen Rekordwert bei den Umsatzmeldungen. 71 Prozent der Befragten berichteten über steigende oder gleichbleibend hohe Umsätze. Das sind fünf Prozentpunkte mehr als zum Allzeithoch im Frühjahr 2016. Alle Parameter wirken sich auch positiv auf Neueinstellungen in den Unternehmen aus.

Doch gerade hier haben viele Betriebe Probleme, geeignete Fachkräfte oder aber künftigen Handwerkernachwuchs zu finden. „Gerade die fehlenden Fachkräfte sind es, die in den kommenden Jahren zu einer Bremse des Aufschwungs im Ostthüringer Handwerk werden können“, warnt Klaus Nützel. Zielstellung ist es, dass in diesem Jahr insgesamt 750 neue Ausbildungsverträge im Ostthüringer Handwerk abgeschlossen werden. Zahlreiche Anstrengungen werden dafür auch seitens der Handwerkskammer unternommen. Ausbildungs- und Jobbörsen, Wettbewerbe für Schülerinnen und Schüler, das auch in diesem Jahr am 22. September geplante Ausbildungsevent der Handwerkskammer in der Bildungsstätte Gera-Aga und vieles mehr sollen das Handwerk immer weiter in den Fokus der Jugendlichen rücken.

Entwurf für Azubi-Ticket völlig ungenügend

Trotz all dieser Bemühungen ist man im Handwerk weiter auf die Unterstützung der Landesregierung angewiesen. Als Beispiel wurde unter anderem das geplante Azubi-Ticket genannt, an dem die Landesregierung derzeit arbeitet und das zum Start des neuen Ausbildungsjahres eingeführt werden soll. Den Vollversammlungsmitgliedern wurde der derzeitige Arbeitsstand vorgestellt. Einhellig war die Meinung, dass die jetzt in Arbeit befindliche Variante enttäuschend ist, es kaum Fortschritte gibt und viele Fragen offen sind. Gerade im ländlichen Raum außerhalb der Achse Gera-Jena-Weimar-Erfurt profitieren die Azubis kaum oder gar nicht.

Deshalb befürwortet die Vollversammlung der Handwerkskammer als Alternative zum Ticket die Zahlung eines Pauschalbetrages an jeden Azubis von 100 Euro monatlich aus Landesmitteln, um die Lehrlinge bei den Fahrtkosten zu Berufsschule und Ausbildungsstätte adäquat zu entlasten.

Um den Lehrlingsrückgang weiter entgegen zu wirken, ist die Vollversammlung zudem für eine Verringerung der Klassenstärken in den Berufsschulen von den derzeit festgeschriebenen 15 Personen auf zehn Azubis. Dadurch könne die Beschulung flächendeckender und näher am Wohn- bzw. Lehrort durchgeführt werden. Dies wiederum erhöht die Attraktivität einer handwerklichen Ausbildung bedeutend.

Kostenfreie Meisterfortbildung statt Meisterprämie

Ein großes Problem in den kommenden Jahren ist das Fehlen von Betriebsnachfolgern. Derzeit sind allein im Ostthüringer Handwerk rund 1.300 Betriebsinhaber oder Gesellschafter 65 Jahre und älter. Gerade in den meisterpflichtigen Gewerken gibt es heute schon mehr Schließungen als Neuanmeldungen. „Wollen wir die handwerklichen Strukturen und die Vielfalt der Handwerksunternehmen in Ostthüringen erhalten, muss dieses Thema stärkere Berücksichtigung finden“, ist sich der Kammerpräsident sicher.

Zwar gibt es in Thüringen derzeit das Modell einer Meisterprämie für die besten Absolventen eines jeden Gewerks. Doch dies reicht bei weitem aus Sicht der Vollversammlungsmitglieder nicht aus. So war sich die Vollversammlung darin einig, dass eine Resolution an die Landesregierung mit dem Inhalt „Meistervorbereitungskurse müssen finanziell so untersetzt sein, dass diese für die Teilnehmer kostenfrei sind“ gerichtet wird. Man verständigte sich darauf, dass diese Resolution vom gesamten Thüringer Handwerk ausgehen muss, um die Wirksamkeit zu erhöhen. Deshalb wird Kammerpräsident Klaus Nützel diese Forderung im Thüringer Handwerkstag einbringen.

Kritik an Lkw-Maut und Datenschutzgrundverordnung

Aber auch die Lkw-Maut auf Bundesstraßen sowie die neue Datenschutzgrundversordnung waren Inhalte in der anschließenden Diskussion der Vollversammlungsmitglieder.

Ab dem 1. Juli 2018 wird das mautpflichtige Streckennetz für Lkw ab 7,5 Tonnen zulässige Gesamtmasse auf alle Bundesstraßen ausgedehnt. Viele Handwerker werden damit erstmalig mit der regelmäßigen Mauterhebung konfrontiert. Dieses Gesetz ist nicht mehr abwendbar. Die Handwerkskammer unterstützt ihre Mitgliedsbetriebe jedoch mit entsprechenden Informationsveranstaltungen zu dieser Thematik.

Besonders große Unsicherheit herrscht bei den Handwerksunternehmen bei der Ende Mai in Kraft getretenen Datenschutzgrundverordnung. Seitens der Handwerkskammer sicherte Klaus Nützel den Betrieben volle Unterstützung zu. Direkter Ansprechpartner ist der Datenschutzbeauftragte der Handwerkskammer, Michael Rose, Telefon 0365/8225-144; E-Mail: rose@hwk-gera.de. Mit ihm können Mitgliedsbetriebe auch nach dem Inkrafttreten der Versordnung entsprechende Termine vereinbaren, um datenschutzrechtlich auf der sicheren Seite zu sein.

Damit die Arbeit der Handwerkskammer auch in den kommenden Monaten erfolgreich fortgeführt werden kann und auf einem soliden Fundament steht, gab es nach der Diskussion eine ganze Reihe von Beschlüssen auf der Tagesordnung. So beispielsweise die Beitragserhebung 2018 sowie Beschlüsse der Berufsausbildung, die die Vollversammlungsmitglieder allesamt einstimmig fassten.

Abschließend lud Kammerpräsident Klaus Nützel alle Handwerkerinnen und Handwerker schon jetzt für den 15. September 2018 nach Rudolstadt ein, wo die zentrale Thüringer Veranstaltung zum Tag des Handwerks 2018 mit Handwerk zum Anfassen und Mitmachen, einer Oldtimersternfahrt und einem bunten Bühnenprogramm stattfindet.



Foto: Ein Großteil der insgesamt 36 Vollversammlungsmitglieder nach der jüngsten Vollversammlung. Die gewählten Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter machen sich für die Interessen aller rund 9.500 Handwerksunternehmen in Ostthüringen stark.