Herbstumfrage der Handwerkskammer Stagnation im Ostthüringer Handwerk
Die wirtschaftliche Situation im Ostthüringer Handwerk bleibt weiter auf stark angespannt. Das spiegelt sich in der aktuellen Herbstumfrage der Handwerkskammer für Ostthüringen unter ihren Mitgliedsbetrieben wider. „Die Krisenstimmung hält seit nunmehr drei Jahren an“, so Kammerpräsident Wolfgang Jacob.
Geschäftsklimaindex verharrt im Rezessionsumfeld
Der Geschäftsklimaindikator (geometrischer Mittelwert aus „guter“ und „schlechter“ Geschäftslage sowie „guten“ und „schlechten“ Geschäftserwartungen) bleibt erneut, wenn auch nur knapp, unter der Schwelle von 100 Prozentpunkten und damit im negativen Konjunkturumfeld. Mit 99 Prozentpunkten ist aber immerhin der beste Wert seit der Herbstumfrage im Jahr 2022 zu verzeichnen.
81 Prozent der Unternehmen stufen ihre Geschäftslage als gut oder befriedigend ein – ein kleiner Zuwachs um drei Prozentpunkte gegenüber Herbst 2024. 19 Prozent attestieren jedoch weiterhin eine schlechte Geschäftslage. Vor allem das Handwerk für den gewerblichen Bedarf ist überauspessimistisch. Immerhin jeder 4. Betrieb bezeichnet seine Geschäftslage als schlecht. Zurückzuführen ist dies unter anderem auf die massiven Probleme in der Industrie, für die diese Handwerksunternehmen als Zulieferer fungieren. Ebenso haben das Lebensmittelhandwerk sowie das Gesundheitshandwerk mit konjunkturellen Problemen zu kämpfen.
Das Bauhandwerk befindet sich dagegen in einem leichten Aufschwung. Immerhin 82 Prozent der Betriebe sprechen von einer guten oder zumindest zufriedenstellenden Geschäftslage. Vor Jahresfrist waren es lediglich 68 Prozent. Auch das Kfz-Handwerk erholt sich nach den Krisenjahren weiter. Hier sind 86 Prozent, die ihre Geschäftslage mit gut oder zufriedenstellend bewerten.
Die Einzelindikatoren zur Lagebeurteilung spiegeln dieses Gesamtergebnis wider. Die Nachfrage im Ostthüringer Handwerk bleibt verhalten. 70 Prozent der Befragten vermeldeten einen gestiegenen oder konstanten Auftragsbestand. Damit zeigte sich der Indikator gegenüber dem Vorjahreswert leicht verbessert. Von einer Trendwende bei der Nachfrage kann aber noch keine Rede sein. Die Auftragsreichweite beläuft sich derzeit auf knapp zehn Wochen, eine Woche mehr als vor Jahresfrist.
Ein ähnliches Bild zeichnen die Umsatzzahlen. So berichten über alle Gewerke hinweg knapp 28 Prozent der Ostthüringer Handwerksunternehmen von gesunkenen Umsätzen. Im Herbst 2024 waren es noch rund 37 Prozent. Dennoch konnten nur 16 Prozent ihre Umsätze steigern.
Problematisch bleibt die Situation nach wie vor bei den Einkaufspreisen. Diese sind bei 63 Prozent der Befragten gestiegen. Jedoch konnten nur ein Drittel der Betriebe diese gestiegenen Preise auch an die Kunden weitergeben.
Ein Indikator für die weiterhin angespannte Lage im Handwerk in Ostthüringen ist die Investitionsbereitschaft. 47 Prozent der befragten Betriebe sprachen in der Umfrage von gesunkenen Investitionen. Lediglich 14 Prozent haben ihre Investitionen gesteigert. Das ist bei der Investitionsneigung lediglich ein Zuwachs zum Vorjahr um vier Prozentpunkte.
Zukunftsaussichten bleiben unsicher
Pessimistisch fallen ebenso die Einzelindikatoren zur Erwartung der Geschäftslage in den kommenden Monaten aus. Zwar sollen die Beschäftigtenzahlen noch konstant gehalten werden, aber es besteht die Befürchtung weiter sinkender Auftragseingänge bei 31 Prozent der befragten Handwerksunternehmen. Gleichzeitig werden nochmalige Umsatzrückgänge bei 32 Prozent der Betriebe und weiter steigende Einkaufspreise bei 73 Prozent der Unternehmen erwartet.
Zudem gehen 50 Prozent der Betriebe von einer sinkenden Investitionsbereitschaft aus, was Auswirkungen weit über die kommenden Monate zur Folge haben kann. Investitionen sind es aber, die als deutliches Zeichen für eine sichere Zukunftserwartung gesehen werden können.
All dies verdeutlicht die anhaltende unsichere Grundstimmung der Ostthüringer Handwerkswirtschaft Eine Trendwende zeichnet sich nicht ab.
Vollmundigen Worten müssen endlich Taten folgen
„Das Handwerk war stets der Motor des wirtschaftlichen Aufschwungs im Freistaat Thüringen. Seit nunmehr fünf Jahren ist dieser Motor nicht nur ins Stocken geraten, sondern teilweise zum Stillstand gekommen“, macht Wolfgang Jacob, Präsident der Handwerkskammer für Ostthüringen, die momentane Situation erneut deutlich. Über alle Branchen hinweg sei eine Stimmung der Unzufriedenheit zu spüren.
Vor allem die Frage der wirtschaftspolitischen Unsicherheiten, hat sich auch unter der neuen Bundesregierung noch nicht zum Besseren gewendet. Insbesondere die bürokratischen Belastungen für Unternehmen sind eines der größten Hemmnisse. „Es müssen endlich Lösungen her. Es reicht seitens der Politik – sei es auf Bundes- oder Landesebene - nicht aus, nur mit vollmundigen Worten von Entlastungen zu sprechen. Hier müssen endlich auch Taten folgen, die spürbar bei unseren Handwerksunternehmen ankommen“, fordert der Kammerpräsident.
Vor allem die unsicheren Zukunftsaussichten sorgen aus seiner Sicht dafür, dass die Konsumbereitschaft weiter auf einem Tiefststand ist und das auch Auswirkungen auf das Handwerk hat. „Verbraucher halten aufgrund der unsicheren Aussichten ihr Geld zusammen, die Baukonjunktur ist nicht angelaufen, Betriebe fürchten Investitionen. All diese Faktoren deuten darauf hin, dass auch in den kommenden Monaten keine Besserung in Sicht ist“, so Wolfgang Jacob.
„Was unsere Handwerkerinnen und Handwerker jetzt brauchen ist eine verlässliche, aktive und vor allem auch nachvollziehbare Politik, die eine deutliche Entlastung mit sich bringt. Solange dies nicht passiert, droht uns eine Rezession über viele Jahre hinweg“, warnt Kammerpräsident Jacob eindringlich.
Deshalb fordert er: eine deutliche Senkung der steuerlichen Abgaben, moderate Energiepreise sowie eine Entbürokratisierung, die diesen Namen verdient. „Bund und Land müssen endlich handeln, damit private Investitionen – auch in der Wirtschaft - angekurbelt und so mehr Wachstum generiert wird. Sollte dies nicht in den kommenden 12 Monaten gelingen, droht uns eine über viele Jahre andauernde Rezession“, warnt Kammerpräsident Wolfgang Jacob abschließend eindringlich.
Titelbild: Die Handwerksunternehmer in Ostthüringen sehen ihre derzeitige Geschäftslage immer noch problematisch, wie die Herbstumfrage zeigt. Vor allem die Bürokratiebelastungen binden wertvolle Arbeitszeit und verhindern einen Aufschwung.