100 Jahre Hienzsch
HWK für Ostthürungen

100 Jahre Schlosserei Hienzsch: Vom Reichspatent zum modernen Metallbau

(17.05.2022) „Meine Recherchen reichen weit bis 1818 zurück“, betont Jörg Hienzsch. Er darf mit der Schlosserei Hienzsch aus Altenburg in diesen Tagen stolz auf satte 100 Jahre Betriebsgeschichte zurückblicken. Innovation wurde schon damals in der Familie großgeschrieben. So erhielt Urgroßvater Paul Heinz Hienzsch im Jahre 1890 sogar das deutsche Reichspatent für eine selbst konstruierte Buttermaschine. Auch für den heutigen Geschäftsführer hat sein Handwerk einen ganz besonderen Stellenwert. „Es bedeutet für mich Tradition und Individualität. Mein Beruf ist kreativ und wir schaffen Dinge für die Ewigkeit. Bei uns wird nicht auf Masse produziert.“ Diese Werte verfolgen alle Handwerker der Familie seit jeher.
Am 15. Mai 1922 legte Großvater Max Hienzsch den Grundstein für das heutige Jubiläum mit der Gründung eine Landmaschinen- und Reparaturwerkstatt. Schon bald machte dieser sich in seinem Gewerk einen Namen, welcher für Qualitätsarbeit stehen sollte. Kurze Zeit später traten auch seine Brüder Paul und Walter dem Betrieb bei. Der Firmenname wurde somit auf „Gebrüder Hienzsch“ festgelegt. In den Anfangsjahren investierten die Brüder viel Fleiß, um am Markt Bestand zu haben. Mit Redegewandtheit und guter handwerklicher Arbeit stellten Sie schnell ihr Können bei der Konkurrenz unter Beweis.  

Konkurrenzkämpfe und bittere Schicksalsschläge

Die größte Konkurrenz für das Geschäft der drei Brüder stellte der eigene Vater dar. War dieser doch noch in der damaligen Landmaschinenhandlung Arno Günzel beschäftigt. So versuchte man in der Nacht die Namen der Kunden aus dem väterlichen Notizbuch zu stehlen um später dann die Geschäfte selbst zu tätigen. Selbstverständlich sollten diese Aktionen nicht unbemerkt bleiben und führten schlussendlich des Öfteren zu Streitigkeiten zwischen den Brüdern und ihrem Vater.
Doch so gut das Geschäft lief, sollte die Familie im Jahr 1928 zum ersten Mal einen harten Schlag erleben. Der Mitinhaber und im Büro tätige Paul Hienzsch verschied infolge seiner Kriegsverletzungen. Von da an führten Max und Walter die Geschäfte weiter, bis man beschloss, dass der eigene Vater im Geschäft mitwirken sollte. Nur fünf Jahre später ereilte der nächste Schicksalsschlag die Familie. Der Vater schied aus dem Leben. Es entstand eine Lücke, welche nicht sofort zu schließen sein sollte. Die doppelte Arbeitskraft war somit gefragt und sollte sich auch bald auszahlen. Der Handel mit Landmaschinen und Geräten boomte. Doch der nächste Rückschlag sollte die Familie im Jahr 1934 erneut treffen. Nach einem falsch diagnostizierten Betriebsunfall erlag Walter seinen Verletzungen. Somit war Max Hienzsch, Großvater des heutigen Geschäftsführers Jörg Hienzsch, fortan auf sich allein gestellt. Auf schwere Zeiten sollten noch schwerere folgen. Der junge Mann musste seine Werkstatt wie viele andere gegen das Schlachtfeld tauschen. 1940, bereits ein Jahr später, durfte er an seine Werkbank zurückkehren und sich den betrieblichen Pflichten widmen. Nach Ende des Krieges mangelte es nicht nur an Maschinen, sondern auch an Material und Ersatzteilen. Trotz schlechter Zeiten feierte die Familie 1947 ihr 25-jähriges Betriebsjubiläum. In den Folgejahren hielt man kontinuierlich am handwerklichen Können und Verkaufsgeschick fest. Das Geschäftsleben kam wieder auf Touren. Oft stand der Hof in der Mauerstraße mit etlichen Landmaschinen voll, die auf eine Reparatur warteten. 1949 begann der Sohn von Max Hienzsch, Manfred seine Ausbildung im Familienbetrieb, welche er nach 2 Jahren erfolgreich abschloss. Fortan unterstützte er seinen Vater bei allen betrieblichen Belangen.

Umbrüche beeinflussen das Firmengeschehen

Anfang der 50er begann ein Wandel im Bereich der Landwirtschaft. Viele eigenständige Bauern schlossen sich zu sogenannten Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft, kurz LPG zusammen. Die nun eingesetzten Großmaschinen wurden ab sofort von Maschinen-Traktoren-Stationen (MTS) repariert. Übrig blieben nun nur noch reine Schlosserarbeiten. Durch gute Geschäftsbeziehungen konnte man sich aber größere Aufträge unteranderem mit den Braunkohlewerken Regis und Deutzen sichern.

1959 legte Manfred Hienzsch seine Meisterprüfung mit Erfolg ab und übernahm 1965 den Betrieb mit kleiner Belegschaft von seinem Vater Max. In den darauffolgenden Jahren baute man das Angebotsspektrum um Treppen und Geländer aus. Damit aber nicht genug, übernahm man auch die Montage von Werbetafeln namhafter Firmen von Leipzig bis Berlin, Magdeburg, Stendal, Ruhla, Suhl und vielen Orten mehr.

Von der Pike auf gelernt

„Ich habe als Kind viele Stunden mit meinem Großvater Max in der Werkstatt. Von ihm habe ich sehr viel lernen dürfen“, meint Jörg Hienzsch welcher seit 2001 die Zügel der Schlosserei in den Händen hält. Im September 1982 begann er seine Lehre im väterlichen Betrieb. Wie sein Vater schloss auch er die Meisterausbildung mit Bravour ab. „Ich hatte eigentlich vier Lehrmeister. Mein Großvater Max, meinen Vater Manfred, meinen Großonkel Horst Frommelt und Günther Mengel“.
Wie seine Vorfahren musste Jörg Hienzsch einige wirtschaftliche Berg- und Talfahrten auf sich nehmen. So taten sich mit der Wende nicht nur neue Auftragsfelder im Bereich der Häusersanierung auf, auch erhielt er einen Dämpfer zur Firmenübernahme im Jahr 2001 mit der andauernden Währungsumstellung. Doch der Metallbauermeister kämpfte sich durch und führte in den letzten Jahren acht junge Menschen durch ihre Ausbildung.
Für seine besonderen Verdienste und in Anerkennung an das 100-jährige Betriebsjubiläum erhielt Jörg Hienzsch nun die Ehrenurkunde der Handwerkskammer für Ostthüringen. Diese wurde mit besonderen Glückwünschen von Mandy Knorr, Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft Altenburger Land und Ronny Reißky, Vorstandsmitglied der Innung Metallhandwerk Altenburger Land stellvertretend übergeben. Der Metallbauer möchte auch noch ein paar Jahre seinen Betrieb weiterführen und ist noch voller Tatendrang für sein Handwerk. „Gern würde ich dieses Jahr auch noch jemanden ausbilden, an den ich mein Wissen weitergeben kann“, betont er motiviert.

 



Titelbild: Feierliche Übergabe: Mandy Knorr, Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft Altenburger Land und Ronny Reißky, Vorstandsmitglied der Innung Metallhandwerk Altenburger Land überreichten zum Betriebsjubiläum die Ehrenurkunde der Handwerkskammer für Ostthüringen an Jörg Hienzsch.