Bürokratie
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Umfrage im Ostthüringer Handwerk: Bürokratiebelastung wird zum Standortrisiko

Die jüngste Umfrage der Handwerkskammer für Ostthüringen unter ihren Mitgliedsbetrieben zur derzeitigen Bürokratiebelastung bereitet große Sorgen. „Die Zahlen unterstreichen, was wir in den täglichen Gesprächen mit Handwerkerinnen und Handwerkern gespiegelt bekommen“ erklärt Wolfgang Jacob, Präsident der Handwerkskammer für Ostthüringen.

So ist für 90 Prozent der befragten Betriebe allein in den vergangenen fünf Jahren der zu leistende bürokratische Aufwand gestiegen. Große Unterschiede zwischen den verschiedenen Gewerbegruppen gibt es kaum. Lediglich die personenbezogenen Dienstleistungen (70 Prozent) und das Ausbaugewerbe (85 Prozent) berichten von einer etwas geringeren Belastung. Deutlich wird in der Umfrage auch, dass die bürokratische Beanspruchung mit der Größe des Betriebes – also der Beschäftigtenzahl - zunimmt.

Nachweis- und Meldepflichten größtes Problem

Zum zunehmenden Bürokratieaufwand haben aus Sicht der Handwerksunternehmen vor allem die steigende Zahl und der anschwellende Umfang neuer Nachweis-, Dokumentations- sowie Meldepflichten und die ständige Anpassung an neue Regelungen (Gesetze, Vorschriften) beigetragen. Aber auch die Dauer von Verwaltungsverfahren, zu komplexe Antragsgestaltungen und unverständliche Kommunikation mit Behörden wurden als Hemmnisse genannt.

Welche Folgen hat die aktuelle Bürokratiebelastung für die Ostthüringer Handwerksunternehmen? Hier berichten 79 Prozent der Befragten, dass sie über weniger Zeit für die Bearbeitung von Aufträgen verfügen und daraus längere Wartezeiten für die Kunden resultieren. Gleichzeitig sorgt bei 53 Prozent der Betriebe der immense Bürokratieaufwand für eine Teuerung von Leistungen und Produkten. Als Warnsignal muss vor allem gesehen werden, dass für knapp 70 Prozent der befragten Unternehmerinnen und Unternehmer die Selbstständigkeit aufgrund bürokratischer Hürden zunehmend unattraktiv wird. Dieses Indiz spiegelt sich auch im Gründungsgeschehen wieder. Die Bürokratie gehört dort seit Jahren zu den am häufigsten genannten Hemmnissen.

„Wenn hier seitens der Politik und des Gesetzgebers nicht schnellstmöglich gegengesteuert wird, sehe ich die Bürokratiebelastung als enormes Standortrisiko“, warnt Wolfgang Jacob.

Digitale Angebote noch zu kompliziert und zeitaufwendig

Zu einer Entlastung kann beispielsweise eine digitale Kommunikation mit Behörden und Verwaltungen beitragen. Laut Umfrage nutzen bereits 60 Prozent der Ostthüringer Handwerksunternehmen die Möglichkeit, mit Behörden zw. Verwaltungen online oder digital zu kommunizieren. 55 Prozent gaben an, dass dieser Kommunikationsweg zur Entlastung beitragen kann. Allerdings erfolgt die Kommunikation noch nicht überwiegend auf digitalem Weg. Gründe hierfür sehen die Betriebe vor allem in der Tatsache, dass diese Kommunikationsverfahren immer noch zu kompliziert und zeitaufwendig sind. Aber auch fehlende digitale Angebote seitens der Verwaltungen, eine zu große Anzahl an Plattformen und Portalen sowie wechselnde technische Voraussetzungen und Kommunikationsverfahren zwischen den Verwaltungen werden als Gründe für die Nichtnutzung genannt.

„Die Digitalisierung kann einen wesentlichen Beitrag zur Bürokratieentlastung leisten. Die entsprechenden Angebote müssen aber unkompliziert anwendbar sein. Zudem fehlt es in einer Vielzahl von Behörden und Verwaltungen noch an dem entsprechenden Knowhow“, erläutert der Kammerpräsident. „Wollen wir das Gros der Handwerksunternehmen auf diesem Weg mitnehmen, müssen eben auch die Voraussetzungen geschaffen werden.“

Effektive Entlastungen für das Handwerk gefordert

Der bürokratische Aufwand bei Nachweis-, Dokumentations- und Meldepflichten ist für viele der befragten Betriebe der Hauptgrund für die Belastungen. Eine effektive Entlastung ihrer Betriebe sehen die Ostthüringer Handwerkrinnen und Handwerker vor allem bei steuer- und arbeitsrechtlichen Anforderungen, bei statistischen Auskunftspflichten, aber auch bei den gegenwärtigen Anforderungen des Datenschutzes und bei der öffentlichen Auftragsvergabe.

„Die Umfrage zeigt deutlich, wo die Hauptursachen für die derzeitige enorme bürokratische Belastung unserer Handwerksunternehmen liegen. Genau die genannten Punkte müssen nun auch endlich seitens der Politik Berücksichtigung finden, um dem Bürokratisierungswahn Einhalt zu gebieten“, fordert Kammerpräsident Wolfgang Jacob.