Internet Vollversammlung 2019
HWK für Ostthüringen

Vollversammlung mahnt deutlich verbesserte Förderung anKlares Bekenntnis zum Meisterbrief und zum Meisterhandwerk

(28.05.2019) Die Mitglieder der Vollversammlung der Handwerkskammer für Ostthüringen haben auf ihrer jüngsten Sitzung ihr klares Bekenntnis zum Meisterhandwerk und zum Erhalt des Meisterbriefes erneuert. Zudem mahnten sie in Richtung Landesregierung eine deutlich verbesserte Förderung von Meisterabsolventen an.

Konjunktur läuft noch auf Hochtouren

Damit stand die Versammlung ganz im Zeichen der zukünftigen Sicherung des Fachkräftenachwuchses im Ostthüringer Handwerks. Zu Beginn ging Kammerpräsident Klaus Nützel in seinem Bericht auf die überaus positive konjunkturelle Entwicklung des Handwerks in zurückliegenden Monaten ein. Die Frühjahrsumfrage hat gezeigt, dass der Aufwärtstrend im Ostthüringer Handwerk weiter anhält. 93 Prozent der befragten Handwerksunternehmen schätzen demnach ihre derzeitige Geschäftslage als gut oder befriedigend ein. Insbesondere der weiter gestiegene Auftragsbestand und die nochmals verbesserte Betriebsauslastung sind für die positiven Umfrageergebnisse verantwortlich. Dies führte wiederum zu einer Rekordumsatzentwicklung, wie es sie in den vergangenen 30 Jahren noch nicht gegeben hat. Zudem sind auch die Aussichten für die kommenden Monate überaus positiv.

Fehlende Fachkräfte werden zur Wirtschaftsbremse

Sorgen bereitet jedoch nach wie vor der fehlende Fachkräftenachwuchs. „Gerade die fehlenden Fachkräfte sind es, die in den kommenden Jahren zu einer Bremse des Aufschwungs im Ostthüringer Handwerk werden können“, warnte Klaus Nützel eindringlich. Die Handwerkskammer übernehme zwar in enger Zusammenarbeit mit den Kreishandwerkerschaften und Innungen viel, um auf die Vielfalt der handwerklichen Berufe und die Karrierechancen hinzuweisen. Doch trotz aller Bemühungen sei man weiter auf die Unterstützung der Bundes- und Landesregierung angewiesen, egal ob mit der Förderung von Berufsorientierungsmaßnahmen oder dem mit Erfolg eingeführten Azubi-Ticket in Thüringen. In diesem Zusammenhang äußerte der Kammerpräsident ganz deutlich sein Unverständnis, dass der Landkreis Greiz sich als einziger in Thüringen nicht am Azubi-Ticket beteiligt. „Wir erwarten, dass sich der Kreistag des Landkreises Greiz ganz schnell zum Azubi-Ticket bekannt, um auch den vielen Auszubildenden in der Region eine bessere Förderung zukommen zu lassen.

Ja zu gutem Lohn, aber nicht staatlich reguliert

Deutlich Kritik gab es zudem an der vom Bundeskabinett kürzlich beschlossenen Einführung einer Mindestausbildungsvergütung. „Ich sage es ganz klar: Wir sind dafür, dass unsere Azubis gut entlohnt werden. Wollen wir auch künftig geeigneten Fachkräftenachwuchs für das Handwerk finden, muss das Lehrlingsentgelt stimmen“, macht Klaus Nützel deutlich. In der weit überwiegenden Mehrzahl der handwerklichen Ausbildungsberufe liegt die Ausbildungsvergütung schon seit längerem deutlich über der vom Bund im 1. Lehrjahr geforderten Untergrenze von 515 Euro.

Doch neben der Entlohnung spielen im Handwerk auch noch viele andere Faktoren eine gewichtige Rolle. „Familiäres Arbeitsklima in unseren klein- und mittelständischen Unternehmen beispielsweise zählen oftmals mehr, als eine kleine Nummer im Großkonzern zu sein.“

Wogegen sich der Kammerpräsident jedoch ganz klar ausspricht, ist die Tatsache, dass der Staat mit einem gesetzlich festgelegten Azubimindestlohn schwer in die Betriebs- und Tarifautonomie eingreift. „Wir als Handwerksunternehmerinnen und –unternehmer mit Leidenschaft haben schon genügend Hürden wie beispielsweise den Bürokratiewahnsinn und die Regulierungswut zu meistern. Da brauchen wir nicht noch eine von Staats wegen festgesetzte Mindestausbildungsvergütung“, macht der Kammerpräsident seinem Unmut Luft.

Aufwertung des Meisterhandwerks notwendig

Eine der großen Herausforderungen in den kommenden Monaten und Jahren wird die weitere Aufwertung des Meisterhandwerks, des Meistertitels und in diesem Zusammenhang auch die Unternehmensnachfolge sein. Fast ein Drittel der Handwerksunternehmerinnen und –unternehmer in den Rund 9.500 Betrieben sind 55 Jahre oder älter. In den über 6.100 Meisterbertrieben sind es sogar 37 Prozent. „Wir müssen in den kommenden Monaten und Jahren unser Hauptaugenmerk noch stärker auf den Meistertitel legen – sei es bei der Positionierung auf politischer Ebene als auch bei den Angeboten in der Handwerkskammer selbst“, gab Kammerpräsident Klaus Nützel zur Vollversammlung den Startschuss für eine große Meisterkampagne im Ostthüringer Handwerk. Ziel sei es, sowohl die Wiedereinführung der Meisterpflicht in einigen Gewerken zu forcieren, den Meisterbrief als Qualitäts- und Vertrauenssiegel noch mehr als bisher hervorzuheben und die Motivation zum Erwerb des Meistertitels zu erhöhen.

Höhere Förderung von Meisterabsolventen  angemahnt

Dies unterstützt auch die große Mehrheit der Vollversammlungsmitglieder, wie in der Diskussion deutlich wurde. Elektroinstallateurmeister Klemens Kratsch aus Starkenberg sprach sich ebenso wie Kfz-Mechanikermeister Rolf Fischer dafür aus, dass die Meisterausbildung auch finanziell eine höhere Wertschätzung seitens der Politik erfährt. Statt einer Förderung von lediglich den Jahrgangsbesten Meisterabsolventen in Höhe von 1.000 Euro sollte es doch eine deutlich höhere Unterstützung für alle Meisterabsolventen geben. „Andere Bundesländer machen es Thüringen doch vor“, so Klemens Kratsch. So gibt es beispielsweise in Niedersachsen eine Meisterprämie bei einer bestandenen Meisterprüfung im Handwerk in Höhe von 4.000 Euro. Neun weitere Bundesländer fördern ebenfalls alle Meisterabsolventen mit einer Prämie im deutlich vierstelligen Bereich.

Oder aber man setzt auf eine Meistergründungprämie, für all jene Absolventen, die anschließend einen bestehenden Betrieb übernehmen oder neu gründen, beispielsweise in Sachsen-Anhalt mit 10.000 Euro oder in Berlin von bis zu 15.000 Euro. Dies wären echte Anreize, um noch mehr junge Fachkräfte für eine Meisterausbildung und eine spätere Betriebsübernahme zu motivieren. Genau in diesem Punkt wie in vielen anderen Bereichen, unter anderem dem Bürokratieabbau, der Datenschutzgrundverordnung oder der aktuell diskutierten einheitlichen Zeiterfassung fehle es der Politik an praktikablen Lösungsansätzen, erklärte auch Vollversammlungsmitglied Bernd U. Beyer aus Gera.

Berufsorientierung für duale Ausbildung aufwerten

Aber auch das Thema Nachwuchsgewinnung war Thema in der anschließenden Diskussion. So habe das Land Thüringen die Förderung von Berufsorientierungsmaßnahmen von Jahr zu Jahr zurückgeschraubt. Hier muss eine neue Kultur Einzug halten, die die Berufsorientierung mit Schwerpunkt auf die duale Berufsausbildung wieder mehr in den Fokus rückt, statt zu stark auf eine akademische Fortbildung zu setzen.

 „Hier muss schnellstmöglich gehandelt werden. Sonst haben wir beispielsweise eines Tages die Situation, dass bei einem Ausfall der Heizung im Winter kein Handwerker mehr zur Reparatur da ist. Stattdessen kommt dann vielleicht ein studierter Psychologe, der einem warme Gedanken macht“, malte Kammerpräsident Klaus Nützel abschließend ein drastisches aber durchaus plastisches Bild.



Foto: Die Mitglieder der Vollversammlung bekennen sich geschlossen zu einer deutlichen Aufwertung des Meisterhandwerks und symbolisierten dies zur jüngsten Vollversammlung mit dem Aufkleber „Ja zum Meister“, der übrigens für Interessenten in der Handwerkskammer erhältlich ist.