Wirtschaftskrise durch Corona
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Herbstumfrage: Coronakrise mit massiven Auswirkungen auf das Handwerk

Die Coronakrise hatte in den zurückliegenden Monaten auch auf das Ostthüringer Handwerk massive Auswirkungen. Lediglich 87 Prozent der Handwerksunternehmen schätzen ihre derzeitige Geschäftslage als gut oder befriedigend ein – ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr um fünf Prozentpunkte und der schlechteste Wert seit der Finanzkrise im Jahr 2009. Das geht aus der aktuellen Herbstumfrage der Handwerkskammer für Ostthüringen unter ihren Mitgliedsbetrieben hervor, an der 352 Mitgliedsbetriebe teilnahmen. Auch für die kommenden Monate sind die Handwerksunternehmerinnen und –unternehmer eher zurückhaltend mit optimistischen Prognosen.

 

Bereits vor Jahresfrist hatte sich beim Geschäftsklimaindex eine leichte Eintrübung abgezeichnet, die sich aufgrund der Corona-Pandemie in diesem Jahr deutlich beschleunigt hat. Den Lockdown im Frühjahr konnten in den vergangenen Monaten nicht alle Branchen kompensieren. So sprachen im Herbst dieses Jahres bei den Handwerksunternehmen für den gewerblichen Bedarf lediglich noch 40 Prozent von einer guten Auftragslage. Vor Jahresfrist waren dies noch 66 Prozent. Im Gesundheitsgewerbe waren es nur 19 Prozent (Vorjahr 38 Prozent) und im Nahrungsmittelgewerbe 26 Prozent (Vorjahr 36 Prozent). Lediglich das Bau- und Ausbaugewerbe zeigt sich weiter robust. So sprechen im Bauhauptgewerbe 75 Prozent sowie im Ausbaugewerbe 64 Prozent von einer derzeit guten Geschäftslage.

Umsatzentwicklung und Auftragsvorlauf sinken deutlich

Die deutliche konjunkturelle Eintrübung spiegelt sich auch in der Umsatzentwicklung wider, die im Vergleich zum Vorjahr um 14 Prozentpunkte niedriger ausfiel. Immerhin 27 Prozent der Unternehmen verzeichnen gesunkene Umsätze im 3. Quartal des Jahres 2020 im Vergleich zum Vorquartal. Eine rückläufige Umsatzentwicklung haben beispielsweise 53 Prozent der Betriebe im Gesundheitsgewerbe, 50 Prozent der Nahrungsmittelbetriebe, 45 Prozent der Unternehmen für personenbezogene Dienstleistungen sowie 40 Prozent der Kfz-Betriebe.

Auch die derzeitige Auftragslage lässt wenig Hoffnung auf Besserung. Lag der Auftragsbestand über alle Branchen hinweg vor Jahresfrist noch bei elf Wochen, so sind es momentan nur noch acht Wochen. Vor allem das Gesundheitsgewerbe und das Kfz-Gewerbe mit einem Auftragsbestand von nur noch zwei Wochen sind hier am stärksten betroffen.

Durch die unsichere wirtschaftliche Situation wurden von den Handwerksunternehmen auch die Investitionen zurückgefahren. Zwar liegt die Investitionsbereitschaft der befragten Bertriebe bei immerhin noch 45 Prozent. Allerdings haben sich die durchschnittlichen Investitionssummen pro Betrieb mehr als halbiert.

Trotz der massiven wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronakrise halten die befragten Handwerksunternehmen an ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern fest. So haben über 93 Prozent der Betriebe neue Mitarbeiter eingestellt oder die Beschäftigtenzahl konstant gehalten. Das unterstreicht einmal mehr, dass das Ostthüringer Handwerk seiner sozialen Verantwortung gegenüber den Beschäftigten auch in Krisenzeiten gerecht wird.

Die Erwartungen für die zukünftige Geschäftslage deutet auch in den kommenden Monaten auf keinen Aufschwung hin. Mehr als 16 Prozent der Handwerksunternehmerinnen und -unternehmer in Ostthüringen erwarten, dass sich ihre Geschäftslage weiter verschlechtert. Ebenso bleiben die Prognosen bei den zukünftigen Auftragseingängen und damit der Umsatzentwicklung pessimistisch.

Warnung vor Insolvenzwelle

„Das Ostthüringer Handwerk hat alle bisherigen Krisen gut gemeistert. Doch die Corona-Pandemie stellt eine Herausforderung ungeahnten Ausmaßes dar“, so Klaus Nützel, Präsident er Handwerkskammer für Ostthüringen. Gerade mit Blick auf den jetzigen erneuten Teil-Lockdown und den damit verbundenen Einschränkungen warnt der Kammerpräsident vor einer bisher noch nie dagewesenen Insolvenzwelle von Handwerksunternehmen.

Der jetzige Teil-Lockdown trifft auch das Ostthüringer Handwerk. Dem Nahrungsmittelhandwerk gehen beispielsweise durch fehlendes Catering sowie die Schließung von gastronomischen Einrichtungen als regelmäßige Abnehmer von Waren Umsätze in Größenordnungen verloren. Zudem werden auch alle anderen Branchen des Handwerks aufgrund eines vorsichtigeren Einkaufs- und Investitionsverhalten von Verbrauchern mit weiteren Umsatzeinbußen rechnen müssen. Erfreulich ist hingegen, dass entgegen dem Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz im Freistaat Thüringen die Kosmetiker und Nageldesigner doch weiterarbeiten dürfen. Hier hat sich der Einsatz der Handwerkskammer gelohnt. Immerhin betrifft dies allein in Ostthüringen mehr als 400 Kosmetiksalons.

„Die vollen Auswirkungen treffen das Handwerk jedoch oftmals erst zeitversetzt. Deshalb besteht gerade in den kommenden Monaten eine große Gefahr, dass auch das Handwerk als bisheriger Wirtschaftsmotor weiter deutlich an Fahrt verliert“, so Kammerpräsident Klaus Nützel und mahnt umgehende und effektive Maßnahmen an, die einen massiven Verlust handwerklicher Strukturen verhindern.

Stärkere Förderung von Kleinunternehmen angemahnt

Gerade in kleinen und mittleren Handwerksunternehmen wird die Liquiditätsdecke immer dünner. Deshalb sind umfangreiche Fördermaßnahmen auch für kleine Unternehmen und Soloselbstständige unabdingbar. „Diese Gelder müssen schnell und unbürokratisch fließen, um tausende Existenzen zu sichern“, so Klaus Nützel.

Für die kommenden Monate und Jahre erwartet Kammerpräsident Klaus Nützel noch weitere Folgen der Coronakrise, die bisher kaum abzuschätzen sind. Trotz klammer öffentlicher Kassen mahnt er deshalb eine Vergabeinitiative von Bund, Ländern und Kommunen an, um auch den Bausektor trotz derzeit noch guter wirtschaftlicher Lage vor einer Rezession zu bewahren. „Bisher war die Bauwirtschaft der Stabilitätsanker in schwierigen Zeiten. Sollte der Abschwung auch diese Branche erreichen, so stehen hier massive Arbeitsplatzverluste bevor.“

Warnung vor Steuererhöhungen

Abschließend warnt Kammerpräsident Klaus Nützel schon jetzt eindringlich davor, die enorme Staatsverschuldung von mehreren hundert Milliarden Euro über eventuelle Steuererhöhungen kompensieren zu wollen. „Weder die Unternehmen noch die Verbraucher haben dann Verständnis dafür, wenn Sie in den kommenden Jahren reale Verluste hinnehmen müssen. Ich halte es deshalb gerade in der jetzigen Situation für höchst fahrlässig, beispielsweise schon über eine Erhöhung der Zusatzbeiträge für die gesetzliche Krankenversicherung oder Steuererhöhungen zu diskutieren.“ Vielmehr müsse jetzt die Anstrengung aller sein, mit klaren sowie vor allem einheitlichen und verständlichen Vorgaben für Vertrauen und Zuversicht in der Bevölkerung und bei den Unternehmen zu sorgen.