120 Jahre Schuhservice Funke in Triptis: Ein Mann für alle Fälle

(22.05.2017) Wenn man die Werkstatt und das Geschäft von Schuhmachermeister Heinrich Funke in Triptis betritt, fühlt man sich in längst vergangene Zeiten zurück versetzt. Heute konnte der Handwerksbetrieb sein 120-jähriges Bestehen feiern. Die entsprechende Ehrenurkunde überreichte Handwerkskammer-Hauptgeschäftsführer Hans Joachim Reiml.

„Wir sind der älteste Handwerksbetrieb in der Stadt“, erzählt Heinrich Funke nicht ohne Stolz und lässt den Blick zurück schweifen. Am 22. Mai 1897 wurde in einer Zeitungsanzeige bekannt gegeben, dass Otto Funke ein Schuhmachergeschäft eröffnet hat. Ihm folgte schließlich Sohn Fritz, der bei seinem Vater in die Lehre ging und 1935 die Meisterprüfung erfolgreich ablegen konnte. Nicht nur Schuhreparaturen wurden angeboten. Es florierte auch der Schuhverkauf.

Für Heinrich Funke, der heute den Betrieb in dritter Generation führt, stand von Beginn an fest, dass er in die Fußstapfen seines Großvaters und Vaters treten möchte. So absolvierte er von 1954 bis 1957 seine Lehre zum Schuhmacher in Weida in der Schuhmanufaktur von Kurt Ortlepp. Seine Meisterprüfung als Schuhmacher hat er 1963 mit gerade einmal 23 Jahren abgelegt und war damit der jüngste Meisterabsolvent. „Ich kann mich noch gut erinnern. Ein paar schwarze Herrenhalbschuhe waren damals mein Meisterstück“, so Heinrich Funke und ist heute noch stolz auf dieses Meisterwerk.

Im Jahr 1966 übernahm er schließlich den elterlichen Betrieb in Triptis und führt ihn seit nunmehr 51 Jahren. Gerade in DDR-Zeiten waren die Dienstleistungen des Schuhmachermeisters sehr stark gefragt. Ein 10 bis 12-Stunden Arbeitstag war keine Seltenheit. Die Regale waren gut gefüllt mit Reparaturaufträgen – pflegte doch jeder in Zeiten der Mangelwirtschaft seine Schuhe besonders und ließ sie wieder herrichten. „Bis Mittwochmittag konnte ich Aufträge annehmen, dann war die Werkstatt mit Schuhen überfüllt.“ Sohlen neu verkleben, abgebrochene Absätze erneuern, Nähte aufarbeiten – all dies gehörte zu Heinrich Funkes Aufgaben.

Mit der Wende kam jedoch der Einbruch. „Es etablierte sich eine Wegwerfgesellschaft, in der sich die Kunden lieber immer wieder neue Schuhe kauften, statt sie in die Werkstatt zu bringen“, erinnert er sich. Größtenteils ältere Kundschaft weiß die Dienste und das Engagement von Heinrich Funke auch heute noch zu schätzen. Wenn es jemand besonders eilig mit der Reparatur hat, lässt er auch schon einmal das Mittagessen stehen, um die Kundenwünsche zu erfüllen. Heinrich Funke ist eben ein Schuhmachermeister aus Leidenschaft.

Doch mit Schuhreparaturen allein konnte er seine Werkstatt nicht am Leben halten. So kamen im Laufe der Jahre auch andere Arbeiten hinzu, beispielsweise die Reparatur von Sätteln aus Reiterhöfen, von Schulranzen, Taschen sowie Reisverschlüssen in Lederprodukten. Selbst Puppen hat Heinrich Funke schon repariert. Ein Mann für alle Fälle also, der sich jeder Herausforderung stellt.

Nähmaschine, Schuhpressen und Ausputzmaschine gehören auch heute noch zu seinen Arbeitsmitteln. Damit dieses historische Handwerk nicht in Vergessenheit gerät, besuchen auch immer wieder Kindergartengruppen seine historische Werkstatt, um zu erfahren, was ein Schuhmacher alles macht.

Wie wichtig es ist, dieses Handwerk am Leben zu erhalten, verdeutlichen folgende Zahlen. Gab es in Ostthüringen im Jahr 1994 noch insgesamt 94 in der Handwerksrolle eingetragene Schuhmacherbetriebe, so sank ihre Zahl im Jahr 2000 auf 30 und zur jetzigen  Zeit auf nur noch 13. Heinrich Funke ist also einer der wenigen Schuhmacher, die das alte Handwerk in Ostthüringen hoffentlich noch mit Leben erfüllen.

 

Foto: Handarbeit ist nach wie vor von Schuhmachermeister Heinrich Funke in seiner Werkstatt in Triptis gefragt, um beispielsweise Absätze an Schuhen zu erneuern.